LEHM 2004 – Rückblick

Die LEHM 2004 – ein Erfolg auf der ganzen Linie!

Vom 27. bis zum 30. Oktober 2004 fand die LEHM 2004 im Rahmen der Messe denkmal 2004 in Leipzig statt. Veranstalter war der gemeinnützige Dachverband Lehm e. V. Weimar in Zusammenarbeit mit ICOMOS (International Council on Monuments and Sites). Die Veranstaltung bestand aus einem Kongress- und einem Messeteil. Thema des Kongresses war die Darstellung und der Erhalt des Weltkulturerbes aus Lehm, besonderer Schwerpunkt war dabei das erdbebensichere Bauen mit diesem Material. Die Messe Lehm 2004 bot einen Überblick über Lehmbaustoffe und Dienstleistungen an, wobei der Dachverband Lehm e.V. zum ersten Mal mit einem eigenen Stand vertreten war. Zum Highlight auf der Lehm 2004 wurde der Bau eines originalgetreuen Modells der nordafrikanischen Kasbah Asslim, einer Lehmburg marokkanischer Berber.

Die Lehmbau Messe – lebendiger Teil der denkmal 2004

Vom 27. bis 30. Oktober 2004 wurde die Lehmbau Messe des Dachverbandes Lehm e.V. im Rahmen der denkmal 2004 auf der Leipziger Messe durchgeführt. Der DVL war zum ersten Mal mit einem eigenen Ausstellungsstand vertreten. Dieser war gut sichtbar unter dem langen Fahnenlogo der Lehm 2004 aufgebaut, umgeben von Ständen, in denen sich 16 Lehmbaubetriebe und ein Verlag auf insgesamt mehr als 400 m² Ausstellungsfläche präsentierten. Insgesamt kamen ca. 15.000 Besucher aus 39 Ländern zur denkmal 2004, darunter speziell interessiertes Fachpublikum mit konkretem Interesse am Baustoff Lehm.

Auf dem DVL-Stand konnten sich die Gäste über Aktivitäten der Mitglieder des Verbandes informieren und Auskünfte zum wieder modernen Baustoff Lehm einholen. Außer dem eigenen Informationsmaterial in Form von Faltblättern und Broschüren, sowie der Möglichkeit für die Einsicht in die Webseiten des DVL war auch viel Infomaterial von Mitgliedern ausgelegt. Die vom DVL herausgegebene »Verbraucherinformation« zum Lehmbau wurde erstmalig als Druckversion der Öffentlichkeit präsentiert. Sie stieß auf großes Interesse. Die Broschüre kann beim DVL bestellt werden.

Mit einer der begehrten Messe-Goldmedaillen für herausragende Leistungen bei der Entwicklung und Anwendung denkmalgerechter Baumaterialien wurde der Dachverband Lehm e.V. stellvertretend für seine Mitglieder geehrt. Die Goldmedaille wurde in einer feierlichen Zeremonie auf der denkmal 2004 am 29.10.04 Vertretern des DVL überreicht.

Direkt neben dem DVL-Stand war das von Manfred Fahnert im Maßstab 1:10 auf einer Fläche von 25 m² aus modernen Lehmbaustoffen aufgebaute Modell der südmarokkanischen Kasbah Ait el Kaid der Anziehungspunkt für die vielen Besucher und damit ein Highlight der Lehmbau Messe. Die 250 Jahre alte Kasbah Asslim in Agdz/Marokko ist eine aus Lehm errichtete Schutz- und Vorratsburg der Berber der nördlichen Sahara. Seit 7 Jahren verfolgt der Westerwälder Lehmbaukünstler zusammen mit anderen ehrenamtlichen Helfern das Ziel, die alte Lehmburg der Berber-Familie Aid el Caid zu erhalten und zu sanieren. Zu diesem Zweck soll das Modell, das derzeit im Landesmuseum Koblenz besichtigt werden kann, versteigert werden. Der Erlös soll für die Risssanierung der Kasbah verwendet werden, die für das kommende Jahr geplant ist. Ausführliche Informationen hierüber findet man auf der Homepage www.lehmexpress.de.

Über 200 Teilnehmer bei der Fachtagung

Im Congress Center Leipzig (CCL) auf der Leipziger Messe fand vom 29. bis 30. Oktober die 4. Internationale Fachtagung für Lehmbau statt. Der Fachkongress LEHM 2004 widmete sich diesmal einem besonderen Thema, dem „Weltkulturerbe aus Lehm“. Die Tatsache, dass Menschen seit Anbeginn der Zeiten auf den Baustoff Lehm zurückgreifen, mag allgemein bekannt sein. Nur zum Teil bekannt sind jedoch die konkreten beeindruckenden Bauwerke, die von den Hochkulturen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit geschaffen wurden. Diese „Weltbauweisen“, ihr Wesen und auch ihren Erhalt oder Rekonstruktion zu beleuchten, stand im Mittelpunkt der Kongress-Veranstaltung.

„Weltkulturerbe aus Lehm“ – diese Themenwahl veranlasste ICOMOS, die Denkmalpflege-Organisation der UNESCO, als Mitveranstalter der Lehm 2004 in Leipzig aufzutreten. Ein weiteres Schwerpunktthema wurde aus gegebenem Anlass gewählt: Nach der Erdbebenkatastrophe im iranischen Bam am 26.12.2003 sollte auch der Themenbereich Lehmbau und Erdbebensicherheit ausführlich diskutiert werden. Es wurden 26 Vorträge von Referenten aus Deutschland, Italien, Belgien, England, Usbekistan, Kasachstan, Frankreich, Jemen, Iran, Australien und den USA gehalten, darunter auch die Beiträge des Generalsekretärs von ICOMOS International, Dr. Dinu Bumbaru, Christian Manhart, Abteilungsleiter Weltkulturerbe UNESCO Paris, sowie von Alejandro Alva Balderrama, ICCROM Rom.

Die Schwerpunktthemen der Veranstaltung im Überblick

  • UNESCO Weltkulturerbe aus Lehm
  • Lehm im Baudenkmal
  • Forum Neue Projekte
  • Seismische Gefährdung von Lehmbauten.

Die rund 200 Tagungsteilnehmer kamen aus Deutschland, Italien, Österreich, Schweiz, Schweden, England, Iran, Libanon, Jemen, Mexiko, Usbekistan, Kasachstan, Portugal, Türkei, Griechenland, Kanada, Indien, Tschechien, Finnland, Australien und den USA.

Zur Fachtagung wurde ein Tagungsband herausgegeben, der alle Tagungs- und Posterbeiträge zweisprachig in deutsch und englisch beinhaltet. Der im Eigenverlag des Dachverbandes herausgegebene Band kann beim DVL Shop bestellt werden.

Posterpräsentationen

Im Foyer des CCL wurden 14 Posterbeiträge präsentiert. Zusätzliches Filmmaterial und Diashows über Bauen mit Lehm und Lehmarchitektur wurden gezeigt. Höhepunkt des Begleitprogramms der Lehm 2004 waren die Filme von Filmquadrat München über Städte aus Lehm:

  • Yazd im Iran
  • Djenné in Mali
  • Shibam im Jemen.

Außerdem wurden die historischen Lehmbaulehrfilme der DEFA gezeigt. Sie stießen auf großes Interesse beim Publikum. Es gab auch einen Filmbeitrag über den Strohballenhausbau, sowie eine Diashow über Lehmarchitektur in Marokko. Weiterhin wurden Informationen zu den Weiterbildungsmöglichkeiten zur „Fachkraft für Lehmbau“ des DVL, sowie zur Weiterbildung „Lehmputz und Gestaltung“ angeboten.

Lehmbau alt und neu

Zwei sehr interessante Exkursionen rundeten die ereignisreichen Tage in Leipzig ab. Vorher waren sich die deutschen und internationalen Teilnehmer der Tagung in der Moritzbastei, dem historischen Studentenclub der Leipziger Universität bei einem sehr genussreichen, gemeinsamen Abendempfang näher gekommen. Während sich draußen der November mit Sturm und Regen ankündigte, verbrachten DVL- Mitglieder, deutsche und ausländische Teilnehmer, viele Lehmbauer und Baustoffproduzenten einen äußerst gemütlichen, von Jazz untermalten Abend!

Das Wetter war etwas besser am 31. Oktober, dem Abschlusstag. So fanden die beiden Exkursionen zu altem und neuem Lehmbau in der Leipziger Umgebung guten Zuspruch, vor allem von den internationalen Teilnehmern. Eine der beiden Exkursionen wurde geführt von Dr.-Ing Christof Ziegert und Dipl.-Ing. Richard Rath. Sie führte in das Gebiet mit der größten Dichte an historischen Massivlehmbauten in Deutschland – die Gegend zwischen Merseburg, Querfurt und Naumburg, etwa 50 km westlich von Leipzig. In dieser Region ist der Massivlehmbau seit Jahrhunderten nachweisbar und hat hier in der Mitte des 19. Jahrhunderts, aber auch nach dem 2. Weltkrieg seine Blüte erlangt.

Besichtigt wurden dabei die historischen Dorfkerne von Baumersroda und Steigra, die noch heute zum großen Teil aus 2-geschossigen Lehmweller- und Stampflehmbauten aus der Zeit von 1700 bis 1850 bestehen, sowie Einzelbauten in anderen Ortschaften. In dieser Region ist eindrücklich ablesbar, dass der Massivlehmbau nicht eine Bauweise der ärmeren Bevölkerungsschichten war, sondern auch für repräsentative ländliche Bauten ganz selbstverständlich verwendet wurde.

Verständlich ist, dass in der Region mit der tiefsten Verwurzelung des Lehmbaus der Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg zu großem Teil in Lehm erfolgte. So führte die Exkursion neben der Besichtigung einer Siedlung in Braunsbedra „zum größten Lehmbauvorhaben der DDR“ nach Mücheln. Dort wurden 1953 allein 98 Wohneinheiten in 2-geschossiger Stampflehmbauweise errichtet. Hier beeindruckte vor allem die Typenvielfalt: Neubauernhäuser, Siedlerhäuser, Reihenhäuser, außer den bereits erwähnten Geschosswohnungsbauten. Da man den verputzten Stampflehmhäusern ihre Bauweise nicht ansieht, war die Freude der Exkursionsteilnehmer groß, wenn an einem Bau durch Schäden oder Bautätigkeit die Konstruktion offen zutage trat.

Besonders beeindruckt waren vor allem die Teilnehmer aus dem Ausland von der Vielzahl und Vielfältigkeit des hiesigen Bestandes an historischen Massivlehmbauten. Allerdings mischte sich in diese Freude auch ein Tropfen Wehmut über die umstrittenen Umbau- und Sanierungsmaßnahmen, sowie über schlechte und teilweise bereits ruinöse Bauzustände.

Die zweite Exkursion wurde von Sven Börjesson, Mitarbeiter des Umweltzentrums in Trebsen der HWK Leipzig zu „Lehmbauten heute“ in Leipzig und Umgebung geführt. Es ging zuerst zum „LehmBauJugendTreff“ in Leipzig. Hier entstand ein außergewöhnlich interessantes Gebäude, das von ungelernten und schwer vermittelbaren Jugendlichen im Eigenbau errichtet wurde. Das Anliegen des Bauherren war, beim Bau möglichst viele ökologische Baustoffe mit einem hohen Grad der Vorfertigung der einzelnen Bauteile zu verwenden. Die massiven Innenwände bestehen aus einer Holzständerstruktur mit Leichtlehmsteinausfachung und Lehmputz.

Es folgte der Besuch des Kinder-Lehm- Hauses in Grimma. Dort wurde von einer jungen Familie mit vier Kindern ein altes, aus dem Jahr 1870 stammendes, zur ehemaligen Brauerei des Rittergutes Hohenstädt gehörendes Haus saniert, aus- und angebaut in einer gelungenen Symbiose aus Altem und Neuem. Holz und Lehm überall!

In Börtewitz wurde der Bau einer Kinderkrippe aus Stampflehm bewundert. Hier soll für die kleinen Kinder ein angenehmes, natürliches Umfeld durch den bewussten Umgang mit den Stoffen unserer Erde vermittelt werden.

Zuletzt ging es nach Canitz, wo der alte, 1795 als Fachwerkgebäude errichtete Gasthof saniert und ausgebaut wurde. Im Zuge der Sanierung wurden die äußeren Fachwerkwände durch neue Hölzer ersetzt und mit Leichtlehmsteinen ausgefacht. Innen wurde zusätzlich eine Dämmschale aus Leichtlehmsteinen eingebaut.

Bereichernde Folgeveranstaltung

Von der Bauhaus Universität in Weimar wurde mit Unterstützung des Dachverbandes Lehm e.V. am 1. und 2. November als Folgeveranstaltung zur LEHM 2004 der internationale Workshop „Earthquake-resistant Construction and Conservation with local Materials in Central Asia“ organisiert und durchgeführt. Der Anlass zu diesem Treffen internationaler Experten war das schreckliche Erdbeben in Bam im Iran am 26. Dezember 2003. Diesem Beben fielen mehr als 27.000 Menschen zum Opfer.

25 Fachkräfte aus Deutschland, Iran, Usbekistan, Türkei, Libanon, Schweden, den USA und aus England nahmen an dem Workshop teil. Sie diskutierten über Möglichkeiten einer Kooperation im Bereich des erdbebengerechten Bauens mit lokal verfügbaren Baustoffen zwischen deutschen, iranischen und usbekischen Firmen, Organisationen, Institutionen und Einrichtungen.

Der Workshop wurde eröffnet durch Dr. Werner von Trützschler, Generalsekretär ICOMOS Deutschland. Es fand auch eine Posterpräsentation zu Stahlskelettkonstruktionen mit lokalen Ausfachungsmaterialien statt. Die Herausgabe einer Workshopbroschüre mit allen Vorträgen und Diskussionsbeiträgen ist für 2005 geplant. Der Workshop wurde unterstützt von Firmen aus den Bereichen Lehm- und Stahlbau.

Hannah Schreckenbach und Anke Richter
Dachverband Lehm e.V.